23. Weltklimagipfel in Bonn: Das sind die wichtigsten Ergebnisse

Zwei Wochen sind vorüber – statt Reden und Verhandeln auf internationalem Parkett heißt es für die Klimapolitiker jetzt wieder: zu Hause aktiv werden. Welche Themen auf der COP23 verhandelt und welche Ergebnisse erzielt wurden, haben wir zusammengefasst.

Die wichtigsten Fakten auf einen Blick:

  • Textentwürfe für alle wichtigen Themen des Paris-Protokolls
  • Talanoa-Dialog fortgesetzt: COP-Staaten sollen im Dialog ihre NDCs überprüfen und ambitionierter formulieren
  • Nord-Süd-Partnerschaft für Versicherung gegen Klimaschäden gegründet („InsuResilience global partnership“)
  • zivilgesellschaftliches sowie bundestaatliches Engagement ist wichtiges zweites Standbein im globalen Klimaschutz
  • Gender-Aktionsplan, Landwirtschaftsplan, Anti-Kohle-Allianz: außerhalb eigentlicher Verhandlungen diverse Bündnisse für den Klimaschutz geschlossen
Barbara Hendricks auf der COP23.(c) BMUB | Sascha Hilgers

„Wir haben in Bonn große Fortschritte gemacht, und zwar beim Verhandeln und beim Handeln. Damit hat die Konferenz die Erwartungen voll erfüllt. Uns ist ein wichtiger Zwischenschritt gelungen auf dem Weg zur Konferenz in Katowice in einem Jahr, wo die Umsetzungsregeln von Paris beschlossen werden sollen“ – so lautet das abschließende Fazit zur 23. Weltklimakonferenz von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Vom 6. bis zum 18. November hatten in Bonn die internationalen Mitglieder des Klimarahmenvertrags getagt, um detaillierte Regeln zu formulieren, wie die Ziele des Paris-Protokolls erreicht werden können. Es ging also bei dem diesjährigen Klimagipfel weniger darum, neue Ziele festzulegen, als das große „Wie?“ hinter den beschlossenen Zielen zu klären. Konkret heißt das zum Beispiel:

  • Wie können die Treibhausgasemissionen der Vertragsstaaten so gemessen werden, dass die Ergebnisse weltweit vergleichbar sind?
  • Mit welchen Mechanismen soll künftig überprüft werden, ob die Länder ihren Treibhausgasausstoß tatsächlich verringern?
  • Was passiert, wenn ein Land seine Versprechungen nicht hält?
  • Und wie genau wird die finanzielle Unterstützung für Klimaanpassungen in ärmeren Ländern durch die Industriestaaten geregelt?

In der Verlängerung des Gipfels von Freitag zu Samstag ist es in Bonn letztendlich gelungen, eine 180 Seiten starke Textsammlung zu präsentieren, die Entwürfe zu allen wichtigen Fragen enthält. Dieses Dokument soll bis zur nächsten COP im polnischen Katowice so nachbearbeitet, zusammengefasst und gekürzt werden, dass es auf dem Gipfel 2018 verabschiedet werden kann. 

COP23: Welche Themen und Beschlüsse gab es noch?

Talanoa-Dialog: Pilotkonzept wird weitergeführt

Schon jetzt ist klar, dass die bisherigen Selbstverpflichtungen der Länder nicht ausreichen, um die globale Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen. Zu Recht kritisierten die bereits vom Klimawandel betroffenen Staaten, dass zu viel Zeit in wortreiche Verhandlungen und zu wenig in konkrete, jetzt wirksame Maßnahmen investiert würde. Ein Beschluss der COP23 ist es daher, den in Bonn initiierten „Talanoa-Dialog“ weiterzuführen. Unter der Führung von Polen und Fidschi sollen die Staaten ihre Klimaschutzmaßnahmen im Dialog untersuchen und Möglichkeiten finden, ihre Klimaschutzziele noch vor dem Inkrafttreten des Paris-Protokolls im Jahr 2020 ambitionierter auszugestalten. Dabei helfen sollen Beiträge aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, die in den Dialog eingebunden werden.

„Talanoa“ ist ein fidschianischer Begriff und bezeichnet einen transparenten Austausch zwischen allen Beteiligten, der Lösungen zum Wohle aller hervorbringen soll.

Loss & Damages – zur Finanzierung von Anpassungen an den Klimawandel

400 Millionen Versicherte..

...das ist das Ziel der „InsuResilience“-Versicherung gegen klimabedingte Schäden und Verluste. Auf der COP23 wurde eine multilaterale Nord-Süd-Partnerschaft zur Stärkung der Versicherung gegründet.

400

Da in diesem Jahr der Inselstaat Fidschi die Präsidentschaft des Gipfels innehatte, stand die COP23 im Zeichen der Länder und Staaten, die bereits besonders von den Auswirkungen der globalen Erwärmung betroffen sind. Seit Jahren verlangen die weniger industrialisierten Länder, dass das ThemaSchäden und Verluste“ (englisch: loss and damages) durch den Klimawandel stärker im Zentrum der Verhandlungen und auf höherer Verhandlungsebene angesiedelt wird. Auf der COP23 wurde beschlossen, dass der zum Kyoto-Protokoll gehörende Green Climate Funds zur Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern auch nach 2020 unter dem Paris-Protokoll fortbestehen soll. Der Fonds ist jedoch chronisch unterfinanziert und deckt in erster Linie die Finanzierung von Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen in den Entwicklungsländern. Für die Finanzierung von klimabedingten Schäden und Verlusten gibt es bisher noch keine übergreifende Einigung. Deutschland schlägt zur Lösung des Problems „Klimaversicherungen“ vor und hat in Bonn für eine breitere Beteiligung an der 2015 initiierten „InsuResilience“ geworben. Die InsuResilience ist eine von den Industriestaaten und privaten Gebern subventionierte Versicherung, bei der sich die vom Klimawandel betroffenen Staaten gegen Schäden absichern können. Ihr konkretes Ziel: Bis 2020 sollen 400 Millionen arme und sogenannte verwundbare Menschen gegen Klimaschäden versichert sein. Auf der COP wurde jetzt die „InsuResilience global partnership“ gegründet, um das Programm zu stärken und mehr Förderer und Versicherungsnehmer zu generieren. 

Warschau-Mechanismus zur Finanzierung von Schäden & Verlusten

Historisch gesehen tragen die Länder des globalen Südens weniger Schuld am menschengemachten Treibhausgaseffekt, sind aber heute durch ihre geografische Lage bereits unmittelbar von den Folgen des Klimawandels betroffen. Sie fordern daher verbindliche Zusagen und klare Regeln, wie sich die Industriestaaten an den Kosten für Schäden und Anpassungen beteiligen, beispielsweise das Umsiedeln von Stämmen wegen Überflutungen oder der Wiederaufbau nach Wirbelstürmen. Die Industriestaaten hingegen scheuen konkrete Zusagen, da das Ausmaß an Schäden und somit anfallenden Kosten in der Zukunft nicht absehbar ist. Auf dem Klimagipfel 2013 in Warschau wurde zwar innerhalb des „Warschau International Mechanism for Loss and Damages“ anerkannt, dass es eine Finanzierungsstrategie geben soll – jedoch fehlt es bisher noch an verbindlichen Inhalten für den Warschau Mechanismus. In Bonn wurde in diesem Jahr immerhin ein Plan erarbeitet, der auf der COP24 in Katowice weiter ausgeführt werden soll.

Gender-Aktionsplan: Frauen beim Klimaschutz stärker einbinden

Agnes Leina Ntikaampi aus Kenia auf der COP23(c) co2online

Frauen sind im globalen Durchschnitt häufiger von Armut betroffen, da sie oft bildungsferner als Männer leben und zudem in vielen Ländern sowohl für die Versorgung der Familie als auch den Anbau von Nahrungsmitteln für Familie und Verkauf zuständig sind. Die Folgen des Klimawandels, wie Preiserhöhungen oder Ernteausfälle durch Überschwemmungen oder Dürren, lasten auf weiblichen Schultern folglich besonders schwer. Auf der 23. Weltklimakonferenz wurde dieser Umstand anerkannt und der sogenannte Gender-Aktionsplan verabschiedet. Ziel dieses Aktionsplans ist, Frauen stärker in klimapolitische Prozesse und Verhandlungen einzubinden. Dafür soll es spezielle Trainings geben. Auch innerhalb der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) soll eine Frauenquote von 50 Prozent durchgesetzt werden.

„Es geht um die Einbeziehung der Geschlechterverhältnisse in die gesamte Arbeit zur Klimapolitik – sowohl der nationalen als auch der internationalen“, erklärte Nazhat Shameen Khan,  Verhandlungsführerin des Gastgeberlandes Fidschi auf der COP23.

Energiewende auf dem Klimagipfel: Gründung einer Anti-Kohle-Allianz

Schafe vor Windpark(c) Zoltan Tasi | Unsplash

Viele der COP-Mitgliedstaaten sind sich einig, dass die Begrenzung der Erderwärmung nur durch einen vollständigen Ausstieg aus dem Abbau fossiler Energieträger möglich ist. Um das zu unterstreichen, schlossen sich auf dem Klimagipfel in Bonn mehr als 20 Länder und Provinzen zu einer internationalen Allianz für den Kohleausstieg (engl.: „Powering Past Coal Alliance“) zusammen. Alle Mitglieder legten sich auf die vollständige Abkehr von Kohle-Energie fest. Deutschland trat dem Pakt nicht bei – wegen der laufenden Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Regierung .

Klimaschutz ist nicht nur Chefsache

Die Umsetzung von Klimaschutzzielen erfolgt auf oberster Ebene durch die entsprechenden Initiativen des Gesetzgebers. Viele Regierungen, besonders aus dem globalen Süden, haben jedoch weder Ressourcen noch Kapazitäten, um herauszufinden, welche Maßnahmen für mehr Klimaschutz oder die Anpassung an den Klimaschutz bei ihnen sinnvoll oder geeignet wären. Im Rahmen der NDC-Partnerschaft wurden daher seit der Weltklimakonferenz in Paris Akteure aus Wirtschaft, Forschung, Bundesstaaten oder Zivilgesellschaft eingebunden, um bei der Aufstellung von nationalen Klimaschutzstrategien zu helfen. Die Partnerschaft wurde in Bonn weiter ausgebaut. Zusätzlich machten Städte und Regionen aus aller Welt in der Bonn-Zone der Konferenz deutlich, dass sie sich als Treiber des Klimaschutzes verstehen.

USA zweigeteilt auf der COP23

Auch beim Klimaschutz in den USA hat sich auf der COP23 gezeigt, wie wichtig dieses zweite, aus inoffiziellen Akteuren bestehende Standbein des Klimaschutzes ist. Denn neben der offiziellen Delegation, die im Namen von Präsident Donald Trump derzeit für den Ausbau von Kohle als Energieträger und langfristig für den Austritt aus dem Paris-Protokoll steht, zeigte eine Delegation aus nicht-staatlichen Organisationen, Städten und Gemeinden, dass es auch in den USA viele Akteure gibt, die den Klimaschutz vorantreiben.

Klimawandel und Landwirtschaft – endlich auf der Tagesordnung

Maisfeld(c) Henry Be | Unsplash

Ein wenig thematisierter Erfolg der COP23 in Bonn ist, dass erstmals ein gemeinsames Arbeitsprogramm zu Landwirtschaft und Klimawandel auf die politische Agenda genommen wurde. Der landwirtschaftliche Sektor ist nicht nur für große Teile der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, sondern auch stark von den Folgen des Klimawandels betroffen – und hängt damit eng mit der weltweiten Ernährungssicherheit zusammen. Bis zum 31. März sollen die UN-Mitgliedstaaten sowie verschiedene NGOs und Forschungseinrichtungen ihre Ansätze für Klimaschutzanpassungen, Bodengesundheit, Biodiversität und Ernährungssicherheit sowie zu sozioökonomischen Dimensionen des Klimawandels in der Landwirtschaft darlegen, um einen Arbeitsplan voranzubringen.

Die Stimme indigener Völker

…soll mehr Gehör finden. Denn Handwerk, Wirtschaft und Kultur indigener Völker ist im besonderen Maße von der Natur abhängig. Der Schutz der Natur ist somit nicht nur Klimaschutz, sondern sorgt auch für die Erhaltung der kulturellen Vielfalt. Auf der COP23 wurde anerkannt, dass indigene Völker, die in den Sitzungen der Mitgliedsstaaten kein offizielles Verhandlungsrecht haben, mehr in die Klimadiplomatie einbezogen werden müssen. Sie fordern dabei vor allem, dass ihre Erfahrungswerte und Expertisen bei Wald- und Naturschutzmaßnahmen berücksichtigt werden. Ihre Kritik: bisher sind viele Aktionspläne nicht an die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung angepasst und wenden sich so eher gegen sie, als die dringend benötigte Hilfe sowie Schutz zu leisten.

Autorin: Laura Wagener (Freie Redakteurin)

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